in Auslandsjahr in China? Davon erstmal ein Semester Studium an einer anerkannten Universität in einer der größten Städte der Welt mit direkt anschließendem Schreiben der Bachelorarbeit in einem Unternehmen? Mit Doppelabschluss wieder nach Deutschland kommen? Gibt es in China wirklich nur frittiertes Chicken mit Erdnusssoße und Frühlingsrollen zu essen? Können Chinesen ein „R“ aussprechen?
All diese Fragen und noch viele mehr stellte ich mir während meiner Praxisphase im WS 16/17. Und wer hätte es gedacht – im Endeffekt entschloss ich mich dazu, das Angebot der HS Esslingen in Kooperation mit einem Deutsch-Chinesischen Kolleg ansässig in Shanghai, anzunehmen. So landete ich mit einem weiteren abenteuerlustigen Kommilitonen Anfang September 2017 schließlich in Shanghai und eines der sicherlich ereignisreichsten und interessantesten Jahres meines Lebens sollte beginnen.
Während des Studiensemesters sind wir direkt auf einem der riesigen Campus der Tongji University im Doppelzimmer des Ausländer-Wohnheims stationiert gewesen. Schnell bildeten sich weitere Freundschaften mit anderen Internationalen Studenten. Zu anderen chinesischen Studenten hingegen lief die Kontaktknüpfung eher etwas schwieriger ab. Zu groß (auch wenn das jetzt nicht sehr professionell klingt) sind die kulturellen Unterschiede. Während die Internationalen Studenten regelmäßig die Sau in etlichen Bars und Clubs in der Innenstadt von Shanghai rauslassen, ist feiern und trinken bei chinesischen Studenten absolut gar nicht angesagt. Der Campus beinhaltet alles, was der Student braucht, man muss diesen also theoretisch nie verlassen (bei vielen Chinesen auch praktisch). Von etlichen Restaurants und Supermärkte über Friseure (für umgerechnet 2,80 €), Copyshops, eine riesige Mensa, ein Kino sowie Sportmöglichkeiten und sehr großzügig angelegte Grünflächen mit See, kleiner Golfanlage und allem möglichen anderem Freizeitgestaltungstechnisch gebotenen Dingen, bietet der Campus alles was zum täglichen Leben gebraucht wird.
Einziger Wehmutstropfen: Man braucht mindestens eine Stunde mit der Metro um die Gebiete in Shanghai zu erreichen in denen was abgeht. Somit war unter der Woche „Campuslife“ angesagt, an Wochenenden jedoch hieß es regelmäßig: Ab in die Stadt und Vollgas geben.
Letzteres hat, wie es sich für eine 24 Millionen Einwohner Stadt gehört, unglaublich viel zu bieten. Besonderes highlight sind Promotete Clubs. Hierbei handelt es sich um Clubs, die Ausländern kostenlosen Eintritt sowie kostenlose alkoholische Getränke zur Verfügung stellen und die man aufgrund von „Jumping Dancefloors“ sowie kiloweise Konfetti und Luftballons schon auch mal mit einem Zirkus verwechseln kann. Dafür ist man eben in gewisser Weise der Affe im Zoo, da sich ein Clubbesuch in China nur vermögende Chinesen leisten können und sich diese meistens an mit reichlich Champagner und Obsttürmen bestückten Sofabereichen um die verhältnismäßig sehr kleine Tanzfläche herum aufhalten (solange bis sie sturzbetrunken sind und komplett eskalieren). Aber auch Szenemäßig kommt man hier nicht zu kurz, es gibt etliche Techno-/ HipHop und alle möglichen anderen Tanzhäuser in denen man auch viele coole locals trifft. (In Szeneclubs muss man sogar Eintritt zahlen, eine absolute Frechheit)
Das studieren an der Uni läuft etwas anders ab als bei uns in Deutschland. Man hat verhältnismäßig sehr viel unter dem Semester zu tun (Anwesenheitspflicht, Projekte, Blockveranstaltungen, Präsentationen, Reports/Berichte schreiben), die Prüfungen am Ende sind dafür etwas überschaubarer und machen teilweise weniger als 50 % der Endnote aus. Durchfallen wird einem somit etwas erschwert, was vielen BB zugutekommen würde.
Die Übergangsphase zwischen Studium und Arbeit wurde dann von so ziemlich allen ausländischen Studis dazu genutzt, sich etwas im Asiatischen Raum unserer wunderschönen Welt umzusehen. Von China aus erreicht man sehr einfach etliche Reiseziele, meins und das fünf weiterer Kommilitonen der Uni sollte eine Reise durch Tibet und Nepal sein. Diese begann nach 45 Stündiger Zugfahrt in der Hauptstadt von Tibet (Lhasa) mit einem Reiseführer samt Fahrer, die uns zu etlichen sehenswerten Orten in Tibet führen sollten, darunter auch der Himalaya samt Mount Everest Basecamp. Da die Region Tibet von der chinesischen Regierung regelrecht unterdrückt wird, darf man sich dort ohne Reiseführer gar nicht selbst von Ort zu Ort bewegen. Selbst der Minibus in dem wir unterwegs waren ist mit Kameras und Mikrofonen ausgestattet gewesen. Nepal hingegen war asiatisches chaos-life pur, ein sehr empfehlenswertes Reiseziel. Auch ansonsten hat China enorm viele sehr Beeindruckende Reiseziele im Inland zu bieten. Wochenendtrips ahoi!
Im März sollte dann meine Praxisphase mit schreiben der Bachelorarbeit beginnen. Da sich meine Firma inmitten des Bezirkes Pudong befindet, bin ich in eine WG in der Stadt gezogen, um mir den ewig weiten Weg vom Campus aus zu sparen. Großstadtleben, eine sehr coole Wohnung sowie direkte Nähe zu etlichen hotspots in Shanghai gibt es gratis dazu. Genau wie eine 40h Woche in der Arbeit, aber das Leben ist ja bekanntlicher Weise kein Ponyhof.
Im August 2018 geht es dann wieder zurück nach Deutschland, endlich wieder Käse, Spätzle, Käsespätzle und schöne Wurst mit Butter und Brot vespern (und Döner!). Wie heißt es immer? Man lernt die Dinge erst zu schätzen, wenn man sie nicht mehr hat. Und hier in China sieht der Essensalltag komplett anders aus (Erdnusssoße gibt es hier übrigens so gut wie gar nicht, dafür gibt es Frühlingsrollen. Kleiner funfact: Chinesen können ein „r“ aussprechen).
Trotz der Vorfreude wieder nach Deutschland zu kommen und mal was anderes als Millionen von verrückten Chinesen sowie unzählbar viele Hochhäuser und andere Betonbauwerke zu Gesicht zu bekommen, erwartet mich eine sehr spannende zweite Hälfte. China ist auf jeden Fall mindestens ein Auslandssemester wert.
BB Bart
Comments
Hört sich sehr geil an! Vorallem die Rundreise 😉
Viel Erfolg bei der BA!